Warum wir in der Train the Trainer Ausbildung „abspecken üben“
„Du kennst dich doch mit Trainings aus, Harald. Ich wurde in der Firma gefragt, ob ich Einführungsschulungen für neue Mitarbeiter anbieten könnte. Kannst du mir eine Sache sagen, auf die ich dabei besonders achten sollte?“.
Diese Frage stellte mir letzte Woche mein Freund Nico bei einem gemeinsamen Abendessen beim Italiener.
Tatsächlich kenne ich mich mit Trainings aus. Ich mache nichts andere. Seit zwanzig Jahren beschäftige ich mich genau damit. Unter Freunden gelte ich liebevoll als „Fachidiot“ oder „Didaktik-Papst“.
Als Nico mich beim Abendessen ansprach, fielen mir deshalb gleich unzählige Empfehlungen ein. In der Train the Trainer Ausbildung beschäftigen wir uns über 10 Tage lang damit.
Nico hate aber nach einer Sache gefragt, auf die er achten sollte. Zwischen zwei Happen Pizza habe ich dann diese ausgewählt und sagte:
„Lehre nicht so viel, damit die Lernenden mehr lernen können.“
Nico grinste und dachte über diesen ganz zentralen didaktischen Satz nach.
Ich sage ihn oft. Der Urheber dieses Satzes bin ich nicht.
Gesagt wurde er schon im 17. Jahrhundert von Johann Amos Comenius. Er gilt als großer europäischer Didaktiker.
Zunächst klingt der Satz von Comenius wie ein Widerspruch: „Weniger lehren, damit die Lernenden mehr lernen können“. Auf den zweiten Blick ergibt er durchaus Sinn. Und das erkannte auch Nico schnell.
Trainerinnen und Trainer tun gut daran, die Lernenden selbst viel denken, vermuten und ausprobieren zu lassen. Es lohnt sich, den Teilnehmenden Freiraum und Zeit zu geben, um eigene Erfahrungen – auch Fehler – zu machen.
Möglich wird das, wenn wir aus unseren Stoffgebieten die wesentlichen Kernpunkte auswählen. Wenn wir das in der Train the Trainer Ausbildung üben, seufzen die Teilnehmenden oft und sagen: „Harald, ich habe mein Programm abgespeckt.“ Und dann ergänzen sie mit einem strahlenden Lächeln: „Es wird immer besser!“
„Stoff abspecken“ klingt nicht schwierig. In der Praxis jedoch fällt es oft ungeheuer schwer. Je besser sich Trainerinnen und Trainer in ihren Fachgebieten auskennen, desto größer wird die Gefahr der Vollständigkeitsfalle. Plötzlich scheint alles wichtig. Es fällt ungeheuer schwer, auszuwählen und wegzulassen. Und im Seminar werden die Lernenden mit unzähligen Informationen überhäuft, die sie so schnell gar nicht überblicken und verarbeiten können.
Gelingt es uns, schon bei der Konzeption „abzuspecken“, entsteht ein leichtes und gut verdauliches Programm.
Jetzt bin ich gespannt, was Nico beim nächsten Treffen berichtet. Als kleine Hilfe habe ich ihm heute den Link zu meiner Methodensammlung gemailt. Eine Seite mit über 30 Methoden, bei denen er sich als Trainer zurücknehmen und die Teilnehmenden machen lassen kann.
Und beim nächsten Treffen bekommt er mein Didaktik-Buch aus dem GABAL-Verlag …