Train the Trainer Online – So lernen die Teilnehmenden in Ihren Online-Seminaren sofort mehr!
Toll, welche Möglichkeiten wir für Trainings und Seminare durch die digitalen Entwicklungen in den letzten Jahren gewonnen haben. Gut gemacht können Online-Seminare ein großer Gewinn sein! Lesen Sie hier zwei Praxistipps, die dazu beitragen, dass die Teilnehmenden in Ihren Live-Online-Seminaren viel lernen können. Alle Tipps sind einfach umzusetzen und haben eine große Wirkung. Los geht’s mit Train the Trainer Online Tipp Nummer 1:
Tipp 1: Halten Sie Einatmungsphasen in Online-Seminaren kurz
Wie in Präsenz-Seminaren ist auch online ein guter Wechsel der beiden Lernphasen „Einatmen“ und „Ausatmen“ wichtig. Das Bild der beiden Phasen geht zurück auf Professor Klaus Döring von der Technischen Universität Berlin. In der Phase der Einatmung nehmen die Teilnehmenden neue Inhalte auf. In der Zeit der Ausatmung wenden die Lernenden das Gehörte an, übertragen es in die Praxis, üben. Klaus Döring formulierte die „20 Minuten Regel“. Er sagte: „Maximal 20 Minuten Einatmen pur! Spätestens dann folgt eine Ausatmungsphase!“
Ich beobachte, dass die Aufmerksamkeitsspanne der Lernenden in Live-Online-Seminaren kürzer ist als in Präsenzseminaren. Viele Lernende nehmen an ihren Online-Arbeitsplätzen rasch Nebentätigkeiten auf, wenn sie nicht aktiv ins Seminargeschehen involviert sind: Sie checken E-Mails, surfen im Netz, bearbeiten die Post … Die Ablenkungen an so einem Schreibtisch mit Netzzugang sind riesig! Ich empfehle deshalb, Einatmungsphasen im Online-Seminar bewusst kurz zu halten, also nur wenige Minuten lang.
Vor einiger Zeit hospitierte ein Kollege bei mir im Online-Seminar. Am Abend am Telefon sagte er: „Bei dir hatten wir gar keine Chance, nebenbei etwas andres zu tun oder zu träumen. Du hast uns laufend gefordert. Immer gab es etwas zu tun. Wir haben uns dauernd mit dem Stoff beschäftigt.“ Wie Sie sinnvolle Aufgaben entwickeln können, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.
Tipp 2: Nutzen und kombinieren Sie vier verschiedene Grund-Arbeitsformen
Für Ihre Online Seminare stelle ich Ihnen einen kleinen Baukasten mit vier verschiedenen Grundarbeitsformen vor. Hier die vier Formen auf einen Blick:
- Jede und jeder für sich
- Schreiben und lesen
- Sprechen und hören
- Miteinander Austauschen
Grundarbeitsform 1: Jede und jeder für sich
Dies ist eine ganz einfache und zugleich sehr wirkungsvolle Arbeitsform. Sie geben den Lernenden eine kleine Aufgabe. Wenn Sie gerade bei mir im Online-Seminar wären, könnte diese zum Beispiel so aussehen:
„Bitte schnappen Sie sich ein Blatt Papier und einen Stift. Ich habe Ihnen erste Anregungen für Online-Seminare gegeben. Überlegen Sie: Womit machen Sie in Ihren Online-Seminaren gute Erfahrungen? Notieren Sie zwei Aspekte. Sie haben drei Minuten Zeit. Dann schauen wir auf Ihre Praxiserfahrungen.
Jetzt bin ich als Trainer still. Alle anderen arbeiten.
Vielfältige kleinere und größere „Jede und jeder für sich“-Aufgaben sind möglich. Als ich begann, Online-Seminare durchzuführen, hat es mich zunächst Überwindung gekostet, solche Aufgaben zu formulieren und die Teilnehmenden einfach machen zu lassen. Ich hatte das Gefühl, dass ich stets präsent und aktiv sein müsste. Vielleicht fiel es mir auch schwer, die Stille auszuhalten, wenn alle arbeiten. Inzwischen genieße ich diese Momente.
Grundarbeitsform 2: Schreiben und lesen
Auf nahezu allen Plattformen können die Teilnehmenden im Chat oder auf dem Whiteboard Gedanken notieren und ihre Ideen mit der Gruppe teilen. Ich könnte Sie jetzt zum Beispiel bitten, einen der Aspekte, den Sie in der „Jede und jeder für sich-Zeit“ notiert haben, in den Chat zu schreiben. So bekämen wir ganz schnell eine schöne Praxissammlung.
Grundarbeitsform 3: Sprechen und hören
Nach einem kurzen Blick auf die im Chat entstandene Sammlung könnte ich – mit der dritten Grundarbeitsform – einzelne Teilnehmende ansprechen: „Kerstin, du hast eine besondere Strategie notiert. Kannst du uns erklären, was es damit auf sich hat?“ Wir hören nicht nur die Trainer:innen-Stimme. Durch wechselnde Beteiligung wird das Online-Seminar lebendig. Bringen Sie auch im digitalen Setting die Stimmen der Lernenden früh zum Klingen. So entsteht von Anfang an ein Dialog, am dem sich viel beteiligen.
Bei der Grundarbeitsform „Sprechen und hören“ habe ich in Online-Seminaren einen besonders wachen Blick auf die Vielredner:innen. Bei den kurzen Zeitspannen, in denen wir konzentriert am Stück arbeiten, fallen weitschweifende Beiträge Einzelner besonders ins Gewicht. Die Gefahr, dass andere Lernende dabei aussteigen, ist groß. Hier lohnt es sich, früh und konsequent, die Moderator:innen-Rolle einzunehmen, um kurze und prägnante Beiträge zu bitten und Menschen, die weitschweifend werden, auch mal mutig zu unterbrechen.
Grundarbeitsform 4: Miteinander austauschen
Bleibt noch die vierte Arbeitsform, miteinander austauschen. In Breakout-Rooms können die Teilnehmenden miteinander arbeiten: An Leitfragen, Miniübungen oder Fallaufgaben.
Auf vielen Plattformen können Sie wie im Präsenz-Seminar Gruppen nach Zufall, Präferenz oder Plan bilden. Durch wechselnde Konstellationen bringen Sie viele Lernende miteinander in Kontakt.
Schon bei der Konzeption von Online-Seminaren achte ich darauf, regelmäßige Arbeitszeiten in Breakout-Rooms einzuplanen. Während die Arbeit im Plenum den Lernenden im Online-Seminar viel Rücksichtnahme abverlangt, können sie in den kleineren Gruppen zu zweit oder zu dritt auch mal ungezwungen drauflosreden.
Praxistest: Wie ist es in Ihren Online-Seminaren?
Schauen Sie noch einmal auf die vier Grundarbeitsformen.
- Jede und jeder für sich
- Schreiben und lesen
- Sprechen und hören
- Miteinander Austauschen
Überlegen Sie:
- Welche Grundarbeitsformen nutzen Sie in Ihren Online-Seminaren bereits?
- Welche besonders häufig?
- Gibt es eine Form, die Sie mehr einsetzen könnten?
- Welche Wirkung erhoffen Sie sich davon?
Wenn Ihnen ein guter Wechsel der Grundarbeitsformen gelingt, kann ein schöner Seminarfluss entstehen. Die unterschiedlichen Arbeitsformen machen Ihren Kurs kurzweilig. Gleichzeitig sprechen Sie durch den Wechsel Teilnehmende mit unterschiedlichen Lernpräferenzen an. Mit den Arbeitsformen „Jede und jeder für sich“ und „Schreiben und lesen“ besonders die stilleren Lernenden, die gerne in Ruhe über die Fragen und Aufgaben nachdenken. Extrovertiertere Lernende freuen sich über „Sprechen und hören“ und „Miteinander austauschen“.
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