Sie steigen in ein neues Thema ein. Mit einer Menge Fachbegriffe. Anstatt diese alle im Lehrvortrag zu erklären, machen Sie es anders: Finden Sie Begriffe aus Ihrem Thema. Für alle Teilnehmenden einen Begriff und darüber hinaus noch 3 bis 5 zusätzliche. Im Kurs „Einführung in die Werkstoffkunde“ könnten zum Beispiel diese Begriffe dazugehören: Scherfestigkeit, Elastizitätsgrenze, Mohs-Härteskala und viele weitere. Notieren Sie alle Begriffe einzeln auf Moderationskarten. Pinnen Sie die Karten an der Rückseite einer Pinnwand an und erklären Sie den Lernenden: „Wir lernen hier viele Begriffe kennen. Zuvor habe ich eine eigenartige Frage an Sie: Gibt es unter uns einen Patenonkel, eine Patentante? Als Pate oder Patin kann man ein Kind begleiten. Im Kurs hier dürfen Sie alle Paten für einen Begriff werden. Das Schöne daran: Sie dürfen sich Ihr Patenkind selbst aussuchen. Ich drehe die Pinnwand gleich um und zeige Ihnen die Patenkinder. Sehen Sie sich alle an und schauen Sie, ob Sie auf Anhieb eines besonders anspricht. Sie können etwas wählen, was Ihnen vertraut ist. Oder etwas noch ganz Unbekanntes. Wichtig ist, dass Sie auf alle Fälle eines der Patenkinder ergattern. Sind Sie bereit?“
Jetzt drehen Sie die Pinnwand mit den Begriffskarten um. In manchen Gruppen geht es nun ganz schnell. Die Teilnehmenden spurten nach vorn und schnappen sich eine Karte. Manchmal entsteht ein Gerangel um bestimmte Begriffe. Ich finde das immer super: Die Lernenden kämpfen um Fachbegriffe! Wenn sich alle versorgt haben, nennen die Teilnehmenden reihum ihre Begriffe. So kommen sie zum ersten Mal ins Ohr – von den Lernenden selbst gesprochen. Jetzt erklären Sie, wie es weitergeht: „Sie haben einen Begriff gewählt. Ich bitte Sie, sich mit ihm vertraut zu machen. Das wird Ihnen leichtfallen. Ich habe für Sie ein paar Quellen vorbereitet.“
Wie viel Unterstützung Sie anbieten, hängt von Ihrer Zielgruppe ab. Für Gruppen, die im Lesen und Recherchieren eher ungeübt sind, können Sie Kopien mit einem kurzen Text zu jedem Begriff vorbereiten. Lernende, die mit Recherchen vertraut sind, können Sie mit ihrem Begriff auf eigene Faust losziehen lassen.
„Im Laufe des Kurses bitte ich Sie, uns als Pate von Ihrem Begriff zu erzählen. Sie müssen nicht nach vorne kommen und präsentieren. Sie berichten einfach von Ihrem Platz aus. Es muss nicht lange dauern. Nicht länger als drei Minuten. Wann genau Sie als Pate gefragt sind, sehen Sie, wenn Sie Ihre Begriffskarte umdrehen. Rechts unten finden Sie einen unserer Kurstermine.“
Die Form, die Begriffe auf verschiedene Termine zu verteilen, eignet sich gut, wenn Sie mit den Lernenden über mehrere Wochen arbeiten. Veranstaltung für Veranstaltung kommen 1, 2 oder 3 Teilnehmende zu Wort und stellen ihre Begriffe vor. Früher habe ich als Lehrender selbst die Begriffe erklärt. Und wer hat dabei am meisten gelernt? Ich als Dozent natürlich. Erklären ist ein super Lernweg! Jetzt machen das die Teilnehmenden. Die Einzelnen setzen sich aktiv mit „ihrem“ Begriff auseinander und schlüpfen dafür in die Rolle des Lehrenden. So wird rasch klar: „Hier arbeitet nicht nur der oder die da vorn, hier sind alle aktiv gefragt!“
„Erst hier habe ich gelernt, eine gute Trainerin zu sein.“
Auch in anderen Formaten können Sie mit Begriffs-Paten arbeiten. Bei einem zweitägigen Kurs zum Beispiel können Sie die Begriffe am ersten Tag gleich morgens verteilen. Nach der Mittagspause geben Sie Zeit zur Erarbeitung. Und über den Nachmittag und den zweiten Tag verteilt kommen dann die Paten zum Zug.
Wichtig bei allen Formaten: Verteilen Sie nicht zu viele Patenschaften! Es wird alles andere als munter, wenn der 17. Mensch seinen Begriff vorstellen will! Bewährt hat es sich, bei größeren Gruppen Patenteams zu bilden. So bearbeiten jeweils 2 Lernende gemeinsam einen Begriff.
Ich mache gute Erfahrungen damit, es den Lernenden mit dieser Aufgabe so einfach wie möglich zu machen. Es soll kein mühsames Referat werden. Es soll ganz leicht fallen. Voraussetzung dafür ist, dass Sie kleine Begriffe auswählen, keine großen, komplexen Themen.
Die Methode „Begriffspaten“ würde dem Didaktiker Johann Amos Comenius vermutlich gut gefallen. Er sagte vor 500 Jahren: „Lehren Sie weniger, damit die Lernenden mehr lernen können.“